Selbstbestimmte und selbstorganisierte Bildung als Möglichkeit

Die Freilerner-Solidargemeinschaft e.V. hat sich 2012 gegründet, um junge Menschen bei ihrem Wunsch nach selbstbestimmter Bildung – gegebenenfalls auch in Form selbstorganisierter Bildung ohne den Besuch einer Schule – zu unterstützen.

Wir erhalten zunehmend Anfragen von jungen Menschen (Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen), denen Schule und Schulsystem nicht gerecht werden und die – oft mit Unterstützung ihrer Eltern – einen selbstbestimmten Bildungsweg außerhalb jeglicher Institutionen gehen möchten. Die Gründe für diesen Wunsch sind vielfältig und individuell unterschiedlich – aber sehr oft gut nachvollziehbar. Allerdings steht dem die in den einzelnen Bundesländern praktisch ausnahmslos geltende Schulbesuchspflicht im Wege (teilweise sogar über die Volljährigkeit hinaus).

Uns geht es nicht um Situationen, in denen Eltern ihre Kinder von der Schule fernhalten, sondern darum, Bewusstsein zu schaffen, dass der Wille der jungen Menschen selbst und deren Entscheidung für einen selbstbestimmten Bildungsweg respektiert und berücksichtigt werden müssen und wie diese Berücksichtigung und die selbstbestimmte Bildung in der Praxis aussehen können.

Unsere Erfahrung ist, dass diese jungen Menschen nicht wirklich wahrgenommen werden. Schulische Bildung wird als alternativlose Norm gesehen. Ein „Nein“ dazu ist nicht vorgesehen. Die aktuelle Praxis des Umgangs mit diesen jungen Menschen innerhalb des Systems ist, sie entweder als Schulverweigerer (und meist auch als Bildungsverweigerer) zu klassifizieren und sie damit zu kriminalisieren oder Schulangst bzw. Schulphobie zu diagnostizieren und sie damit zu pathologisieren, also für krank und behandlungsbedürftig zu erklären.  Die Möglichkeit einer wohlüberlegten eigenen Entscheidung wird nicht in Betracht gezogen. Folge dieser Nichtwahrnehmung ist dann, dass behördlicherseits versucht wird, diese jungen Menschen mit entsprechenden Maßnahmen wieder ins Schulsystem zu integrieren, oft mit Zwang, Drohung und/oder Einschüchterung. Dieser Druck wird gerade auch gegenüber den Eltern aufgebaut, indem diesen Kindeswohlgefährdung vorgeworfen wird.

Dabei geben sich sowohl die betroffenen jungen Menschen als auch deren Eltern oft große Mühe, sowohl die Bildung als auch soziale Kontakte sicherzustellen.

Dass es diese jungen Menschen gibt, haben auch andere wahrgenommen, z. B. Prof. Dr. Karlheinz Thimm, der sie als „Edelaussteiger“ bezeichnet, und Prof. Dr. Johannes Rux, der feststellt: „Im Einzelfall sind daher Befreiungen von der Schulpflicht möglich oder sogar zwingend notwendig.“

Prof. Hannelore Häbel stellt fest: „Das Ziel der Erziehung des Kindes zu einer ‚eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit‘ (§ 1 Abs. 1 SGB VIII) kann nur durch partizipative, hierarchiefreie Pädagogik realisiert werden, die ohne Zwang zur Unterordnung und Unterwerfung auskommt.“ Dieser Wandel in der Wahrnehmung der jungen Menschen und ihres Rechts auf selbstbestimmte Bildung passt auch zu dem durch die Einführung des absoluten Gewaltverbotes in der Erziehung mit § 1631 Abs. 2 BGB stattgefundenen Paradigmenwechsel hin zu einer umfassenden Ächtung der Gewalt in der Erziehung.

Wir als Freilerner Solidargemeinschaft e.V. (FSG) setzen uns ein für:

      • Achtung und Stärkung der Grundrechte und Selbstbestimmungsrechte junger Menschen, insbesondere in Bezug auf Bildung und Ausbildung,
      • Akzeptanz und Anerkennung informeller und non-formaler Bildungsformen und Bildungswege,
      • Akzeptanz selbstbestimmter und selbstorganisierter Bildung.